„Reifen-Recycling neu denken”

„Reifen-Recyclin neu denken"

Beim Reifen-Recycling ist viel in Bewegung. Verschiedenste Player kooperieren, um das Thema branchenübergreifend voranzutreiben. DANIEL WILLRICH

Im Rahmen der „Zeppelin Sustainable Tire Alliance” engagieren sich Akteure der Recycling-Branche für einen nachhaltigeren Umgang mit Altreifen und den in ihnen enthaltenen Rohstoffen. Über die Ziele des neuen Netzwerks sprachen wir mit Patrick Buder, Sustainability Strategy Manager bei der Zeppelin Systems GmbH.

Was gab den Ausschlag zur Gründung der Zeppelin Sustainable Tire Alliance?

» Patrick Buder: Als integrierter Lösungsanbieter mit über 4o Jahren Erfahrung in der Reifenindustrie kennen wir die Bedürfnisse der Branche. Neben Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität durch präzise Materialhandhabung steht für uns als Unternehmen auch die Selbstverpflichtung als integrierter Lösungsanbieter und Industrieplayer im Vordergrund. Der Herstellprozess von Reifen muss nachhaltiger werden, kostbare Rohstoffe müssen geschont und die Anzahl hochwertiger Rezyklate für die Reifenherstellung massiv gesteigert werden. Als Anlagenbauer und Stiftungsunternehmen sehen wir uns hier in der Verantwortung, Lösungen zu schaffen. Und die Gründung der Zeppelin Sustainable Tire Alliance ist ein Teil davon!

In der Vergangenheit gab es viele neu entwickelte Recycling-Technologien. Bei Zeppelin Systems sind wir der Meinung, dass der Recycling-Prozess von Reifen aber als Ganzes, sozusagen als Einheit, neu gedacht werden muss. Von der Reifenannahme bis hin zum Rezyklat über die Weiterverarbeitung und Integration der Rezyklate in die Gummimischung: Hochwertige neue Reifen aus Altreifen-Rezyklaten können nur produziert werden, wenn deren Qualität bereits bei der Anlieferung passt.

Die Zeppelin Sustainable Tire Alliance ist ein Technologieverbund und bietet Lösungen entlang der Recycling-Wertschöpfungskette im Bereich des stofflichen und rohstofflichen Recyclings, um genau diesem Anspruch gerecht zu werden. Als Turn-Key Solution Provider bündeln wir Technologien filr die Produktion hochwertiger Reifen-Rezyklate, damit diese in ausreichenden Mengen für die Industrie verfügbar sind. Damit schließen wir den Kreislauf der Sekundärrohstoffe wieder und tragen nachhaltig zur Kreislaufwirtschaft bei. Die Zeppelin Sustainable Tire Alliance steht für Tire-to-Tire Recycling. Dabei agieren wir im Markt als Systemintegrator, Lösungsanbieter und Brückenbauer zwischen der Recycling- und Reifenindustrie.

Welche Vorhaben verfolgt die Zeppelin Sustainable Tire Alliance?

» Patrick Buden Die Zeppelin Sustainable Tire Alliance verfolgt das Ziel, die Kreislaufwirtschaft nachhaltig zu unterstützen und im Industriemaßstab anzukurbeln. Dabei kommen Technologien zum Einsatz die den Anspruch verfolgen, hochwertige Rezyklate zu produzieren und reproduzierbare Qualitäten in ausreichender Menge sicherzustellen. Der geteilte Anspruch der Zeppelin Sustainable Tire Alliance besteht darin, dass produzierte Sekundärrohstoffe ein zweites Leben in neuen Reifen erhalten. Wer sich an dieser Stelle angesprochen fühlt, smarten Mehrwert schafft und dazu beitragen kann, die hoch gesteckten Ziele zu erreichen, der hat alle Anforderungen erfüllt und sollte sofort mit uns in Kontakt treten.

Aus welchen Kreisen rekrutieren sich die Partner?

» Patrick Buder: Derzeit arbeiten wir mit Technologie- und Prozessgebern im Bereich des stofflichen und rohstofflichen Recyclings zusammen. Im Bereich der Reifensortierung beispielsweise sortiert ein Partnerunternehmen, basierend auf einer KI-Technologie, Reifen blitzschnell anhand der Markierungen auf den Seitenwänden. Auch der Verschleißgrad wird blitzschnell erkannt. Diese Technologie entscheidet bereits am Anfang der gesamten Prozesskette über den weiteren Recycling-Prozessschritt. Mit einem weiteren Partner arbeiten wir an der Aufbereitung der Reifentextilien, welche generell eine logistische Herausforderung für Recyclingbetriebe darstellen. Die Reifentextilien werden verdichtet und im Straßenbau eingesetzt, diese dienen als Stabilisatoren zwischen Bindemittel und Splittasphalt. Im Vergleich zu bisherigen, zellulosebasierten Stabilisatoren, überzeugt das recycelte Material dabei durch eine erhöhte mechanische Festigkeit und einem erhöhten Widerstand gegen das Eindringen von Wasser im Asphalt. Ein anderer Technologie-Partner produziert Gummigranulate sowie Gummimehl durch den Einsatz eines Hochdruck-Wasserstrahl-Prozesses. Dieses Verfahren wird insbesondere bei Großreifen, sogenannten „Off the-Road-Reifen” mit Reifendurchmessern mit bis zu vier Metern angewendet. Täglich fallen in Minen weltweit große Mengen an Altreifen an – die überall einsetzbare Hochdruck-Wasserstrahl-Technologie soll dieses Problem nachhaltig und umweltfreundlich lösen.

Um Gummi-Rezyklate wieder in eine Gummimischung integrieren zu können bzw. erneut vulkanisieren zu können, müssen die Gummi-Rezyklate devulkanisiert werden. Und auch für diesen Fall hat die Zeppelin Sustainable Tire Alliance einen starken Partner im Bunde.

Im rohstofflichen Recycling arbeiten wir mit Europas größtem und erfolgreichsten Betreiber einer Pyrolyse-Anlage für Altreifen zusammen. Bei der Pyrolyse werden Altreifen in Rohstoffe aufge-spaltet, dabei entstehen Pyrolyse-Öl und recovered Carbon Black (rCB). Ein weiterer Partner verfolgt das Ziel, gewonnenes Roh-rCB aus dem Pyrolyse-Prozess zu reinigen bzw. den Ascheanteil, welcher regionalen Schwankungen unterliegen kann, zu separieren.

Neben reinem rCB entstehen zusätzlich im Prozess weitere, hochwertige Produkte, beispielsweise Silizium- und Zink-basierte Verbindungen. Das Ergebnis: nachhaltige Wertstoffkreisläufe für die Bau- und Reifenindustrie. Auch in der Reifenherstellung arbeiten wir mit Rohstofflieferanten zusammen, die nachhaltige Produkte – beispielsweise funktionale Additive – anbieten, um den Rollwiderstand zu verringern.

Auf den Punkt gebracht: Für unsere Kunden sind wir im gesamten Reifenherstellungs- und Recyclingprozess kompetenter Ansprechpartner, die Zeppelin Sustainable Tire Alliance als Technologieverbund liefert dabei innovative und umweltschotion von morgen. Wer sich diesem schlagkräftigen Verbund anschließen möchte und unsere Vision teilt, ist jederzeit herzlich in der Tire Alliance will-kommen und wird mit offenen Armen empfangen.

Gibt es einen Austausch mit ähnlichen Netzwerken? Zeppelin Systems ist ja selbst auch Teil des AZuR-Verbunds.

» Patrick Buder: Zeppelin Systems ist dem Azur-Netzwerk Anfang des Jahres 2023 beigetreten. Die Allianz Zukunft Reifen (AZuR) ist ein breit aufgestelltes Netzwerk, das sich für eine nachhaltige Reifen-Kreislaufwirtschaft engagiert. Altreifen sollen möglichst zu ioo Prozent wiederverwendet oder verwertet werden. 52 Azur-Partner aus Industrie, Handel und Wissenschaft decken alle Sektoren der nachhaltigen Circular Economy im Bereich „Reifen” ab. Als Technologieverbund entlang der Recycling-Wertschöpfungskette kann die Zeppelin Sustainable Tire Alliance dem Azur-Netzwerk wichtige Impulse für die Gestaltung der zukunftsweisenden Reifen-Kreislaufwirtschaft geben. Umgekehrt profitieren wir von den Synergien des Netzwerks mit renommierten Partnern aus Wissenschaft, Reifen- und Recyclingindustrie. In der Allianz Zukunft Reifen ist zusammengekommen, was zusammengehört.

Gibt es eine Roadmap für die künftige Arbeit der Allianz? Welche konkreten Schritte stehen als nächstes an?

» Patrick Buder: Zeppelin Systems sieht sich als Systemintegrator und Lösungsanbieter im Bereich der Gummi- und Reifenherstellung. Gemeinsam mit unseren Technologie-Partnern unter dem Dach der Zeppelin Sustainable Tire Alliance, bieten wir skalierbare und hoch automatisierte Anlagenkonzepte entlang der Recycling-Wertschöpfungskette. Wir sind davon überzeugt, dass Reifenrecycling als Industriezweig zukünftig ganzheitlich betrachtet werden muss und nicht als Stand-alone-Lösung für sich „allein” stehen kann. Und genau hier bringt Zeppelin Systems geballtes Know-how ein, Technologien und Prozesse noch besser zu skalieren, zu industrialisieren und zu automatisieren.

Im Weiteren ist die Zeppelin Sustainable Tire Alliance im engen Austausch mit den Industrien, um die Sekundärrohstoffe zu qualifizieren und die entsprechenden Absatzmärkte aufzubauen. Daran werden wir gemeinsam mit unseren Partnern nachdrücklich weiterarbeiten. Ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft, um die kostbaren Ressourcen dieser Erde zu schonen. Wir haben unsere Startlöcher verlassen und beschreiten voller Kraft voraus den Weg in eine nachhaltige Reifenproduktion. Vor uns liegt Großes und das Potenzial ist riesig!

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